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Pferde
In Düppel gibt es ein Altersheim für Pferde
Ein Zehlendorfer Verein sichert Pferden in Berlin-Düppel und im brandenburgischen Frankendorf den verdienten Ruhestand.
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Kümmern sich um die alten Pferde: Maja Schönig, Vera von Keller und Gloria Riènzner
Foto: Massimo Rodari
Berlin/Neuruppin.
Gloria von Riènzner kennt sie alle, mit ihren Wehwehchen und Eigenarten. Und ihrer zunehmenden Verletzbarkeit. „Mit Pferden ist es wie mit Menschen“, sagt sie. „Im Alter nehmen die Beschwerden zu.“ Auch die Tiere vertragen nicht mehr jede Kost. Oder tun sich schwer mit dem Kauen. Manche erkranken schwer, an Krebs zum Beispiel.
Die 73-jährige gebürtige Wienerin und Wahl-Berlinerin kümmert sich seit vielen Jahren um die alten und kranken Tiere beim „Kinder- und Jugend Reit- und Fahrverein Zehlendorf“. Die in die Jahre gekommenen Schulpferde landen hier nicht wie anderswo meist üblich beim Schlachter, sondern dürfen „ihren verdienten Ruhestand genießen“, wie Gloria von Riènzner es formuliert.
Acht Rentner-Ponys leben zurzeit auf dem Gelände der Reitschule
Die ehemalige Turnierreiterin ist Gründungsmitglied des „Vereins für tierischen Ruhestand e.V.“, der seit 2009 um Spenden wirbt. Acht Rentner-Ponys leben zurzeit auf dem Gelände der Reitschule in Berlin-Düppel. Darunter der 34-jährige dunkelbraune Rocky und der 29-jährige braun-weiß-gescheckte Rolly. Die zwei Shetland-Ponys sind seit Jahren ein unzertrennliches Gespann. Sie verstehen sich auch gut mit Esel Jakob. Als er jung war, hatte Jakob als Schleifen-Esel bei jedem Hausturnier seinen großen Auftritt. Weitere 23 Pferde und Ponys verbringen im brandenburgischen Frankendorf bei Neuruppin einen ruhigen Lebensabend. Manche von ihnen kurieren dort auch nur ihre Krankheit aus.
In zwei Herden sieht man die Pferde mitunter sehr ausgelassen auf den Weiden eines Stutenmilchhofs herumtoben. Sie schlafen in festen Unterständen mit angrenzendem Auslauf. Ein Betreuer kümmert sich um sie. Ende August 2014 waren sie von Schenkenhorst in Potsdam-Mittelmark hierher umgezogen. Vera von Keller, die Vorsitzende des „Vereins für tierischen Ruhestand e.V.“ sagt: „Die Pferde haben ein Leben lang für die Menschen gearbeitet. Sie verdienen es, dass wir ihnen einen würdigen Ruhestand bieten.“
Für das Engagement gab es auch schon eine Auszeichnung
Zur Philosophie des Kinderreitvereins gehöre, die Verantwortung für die Tiere bis zu ihrem Tode zu übernehmen, auch wenn sie aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht mehr im Vereinsbetrieb einsetzbar sind. „Geburt, Aufzucht, Ausbildung, Pflege, Alter und Tod – eben alle Lebensabschnitte der Tiere – sind wichtige Teile des Vereinslebens“, sagt die Journalistin Vera von Keller. Sie war über ihre beiden Töchter zum Zehlendorfer Reitverein gekommen. „Den Förderverein haben wir gegründet, mit dem Ziel, den Rentnerpferden über Spenden ein gutes Leben zu ermöglichen“, erläutert von Keller. Derzeit zählt er etwa 40 Mitglieder aus Berlin und dem Umland. Für sein Tierschutz-Engagement zeichnete das Pferdemagazin Pegasus den Förderverein kurz nach seiner Gründung mit der „Goldenen Krone“ aus.
Die Geschichte des Zehlendorfer Reitvereins begann vor 27 Jahren damit, dass die einstige Sachbearbeiterin im Bezirksamt Steglitz, Ilse Spreen, ihrer Tochter Glinda ein Pony kaufte. Das fanden die Kinder in der Umgebung ganz toll. Sie wollten das Pony streicheln und es reiten. „Aber es war mein Pony“, erinnert sich Glinda Spreen. So kaufte ihre Mutter weitere Ponys. Heute gehören dem Verein unter der Vorsitzenden Glinda Spreen 100 Pferde und rund 400 Mitglieder an.
Europas ältestes Shetlandpony starb vor zwei Jahren
Auf dem Hof in Berlin-Düppel sind die Oldies in den normalen Betrieb integriert. „Die Alten brauchen genauso wie wir noch Bewegung“, weiß Gloria Riènzner, die viele der Ponys und Pferde alt werden sehen hat. „Und sie wollen Anschluss haben und nicht alleine irgendwo abgestellt sein.“ Es soll ein Ort sein, in dem junge und alte Tiere zusammen sein können. „Wir zeigen den Kindern, wie wunderbar und liebenswert diese alten Pferde sind“, sagt Gloria Riènzner, „wie wichtig es ist, dass man sie liebt und ehrt.“ Diese Erfahrung sei auch auf das normale Leben übertragbar. „Viele Kinder wachsen nicht mehr in einer Großfamilie auf.“ Das bekannteste Pferd war Madame Nou. Europas ältestes Shetlandpony. Riènzner hat die Stute bis zu ihrem Tod vor zwei Jahren umsorgt. Sie sagt: „Wir sind sehr befreundet gewesen.“ Die Betonung liegt auf „sehr“. Madame Nou wurde 50 Jahre alt.
18 Jahre lehrte die eigensinnige Shety-Dame mit den kurzen Beinen und dem großen Kopf im Schulbetrieb etwa 1500 Kinder das Reiten. Seit 1992 war sie im Ruhestand. „Eine verrückte Nudel“, wie Riènzner schwärmt. Sie habe ihr gezeigt, dass man Pferde auch ohne Worte verstehen könne. „Sie hat einfach zu mir gesagt: Mach dein Herz auf und damit fing es an.“ Dank der Begegnung mit Madame Nou bekam sie den Ruf der „Pferdeflüsterin Zehlendorfs“.
Die Liebe der Madame Nou zu einem Araber
Madame Nou wäre Jahrzehnte zuvor fast auf der Schlachtbank gelandet. Hätte Ilse Spreen, die Gründerin der ersten Berliner Ponyreitschule, sie dem früheren Besitzer 1974 nicht abgekauft. „Die Pferdedame hatte sich einst übrigens den schönsten Kerl geschnappt, einen Araber“, erzählt Gloria Riènzner. „Er war ihre große Liebe.“ Sie bekam sieben Kinder von ihm. „Er war viel größer als sie“, erzählt Gloria Riènzner. „Man sagt, sie sei auf einen Hügel gestiegen, um ihre Kinder zu empfangen.“ Drei ihrer Kinder leben noch und werden teilweise sogar noch geritten: Momo, Mogli und Mikado. Madame Nous Urenkel Topas und Enkelin Manessa sind bei den Reitkindern in Düppel sehr beliebt. Die Enkel Mandshu, Margarete und Masha sind bereits im Ruhestand in Frankendorf in Brandenburg. Gloria Riènzner war noch nicht dort. „Es wird aber Zeit, meine Freunde wiederzusehen“, sagt sie. Im Frühjahr will sie die Pferde auf der Weide besuchen.
Infos: www.tierischer-ruhestand.de
Spendenkonto: Verein für tierischen Ruhestand e.V.; Deutsche Bank; IBAN: DE56 1007 0124 0011 6996 00; BIC: DEUTDEDB101
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