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Senseo hat es gleich bemerkt. Da ist wer, den er nicht kennt. Der 6-jährige schwarze Wallach kommt heran und schiebt seinen Kopf zwischen Jana Plaumann und Carsten Fischer nach vorn. Kurzes Anblasen, riechen und fertig. Akzeptiert. Der Fremde darf bleiben. Senseo trollt sich. Platz hat er, genau wie seine 36 anderen Artgenossen reichlich. Auf dem Aktiv- und Ausbildungsstall Azmannsdorf.
Und der gehört Carsten Fischer. Der 52-jährige Erfurter hatte schon in seiner Jugend eine Passion für Pferde. Dann pausierte die Leidenschaft ein paar Jahre, bis sie vor zwölf Jahren wieder, als sich auch Fischers Lebensumstände massiv veränderten, ungehemmt wieder ausbrach. Mit Folgen. Carsten Fischer betreibt nämlich eigentlich eine Möbeltischlerei in Kerspleben und ist dort Arbeitgeber für 35 Mitarbeiter.
„Ich habe noch ein anderes Betätigungsfeld gesucht. Und wieder reiten gelernt“, erzählt er. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Mit 43 hatte er sein erstes Pferd, eine schwarze Stute, Deutsches Warmblut. Mit 45 kam Pferd Nr. 2 hinzu. Und die Idee von einer eigenen Stallung.
Mit 40 war die alte Liebe wieder neu entflammt
Fischer suchte etwas Bestehendes, ein Neubau kam nicht in Frage. Und er fand in Azmannsdorf die ehemalige Agrargenossenschaft. Die wollte gerade den Gebäudekomplex einer alten Kartoffelsortieranlage loswerden. Man fand zusammen. 2012 war der Kauf perfekt. Und der Umbau konnte beginnen.
Heute stehen 37 Pferde, getrennt nach Stuten und Wallachen, auf dem sechs Hektar großen Gelände. Auslauf, so weit das Auge reicht. Hier eine Gruppe, dort eine zweite. Nichts hindert die Tiere am Bewegen. Nur ein kleineres abgezäuntes Areal schützt einige Tiere, die in der Rangordnung weiter unten angesiedelt sind, vor Übergriffen ihrer Artgenossen. Es gibt Boxen für kranke Pferde, einen Waschplatz, eine Sattelkammer.
Boxenhaltung im herkömmlichen Sinne ist das nicht. Alles ist offen und mit Sinn angelegt. Futter in die Raufe, fressen, fertig – ist hier nicht. Wenn die Tiere in Azmannsdorf etwas fressen wollen, müssen sie sich bewegen.
„Ganz normal, denn ein Pferd ist in der Natur am Tag auch 17 Stunden nur in Bewegung“, weiß Jana Plaumann, die Pferdewirtschaftsmeisterin, die auf eigene Rechnung in Azmannsdorf arbeitet, und sich um das Wohl der Vierbeiner kümmert.
Zwei Tiere gehören dem Chef, eines ihr, 34 Pferde haben ganz unterschiedliche Besitzer. Die haben erkannt, dass es den Tieren im Aktiv- und Ausbildungsstall von Carsten Fischer an nichts fehlt. Es ist die reinste Wohlfühloase für Pferde.
Fischer hatte sich zu Beginn seines Projektes in Hamburg und München schlau gemacht. Dann hat er bauen lassen. Per Mikrochip überwachte Kraftfuttergaben für die Pferde. So kann per Computer genau gesteuert werden, wer wie viel bekommt. In Thüringen bislang einzigartig. Auch die Heuraufen sind zeitgesteuert, damit die Tiere nicht zu viel in sich hineinstopfen. Die Tränken sind beheizbar. Es gibt Unterstände als Schutz vor Wetterextremen. Und der Clou – eine Art Schlafsaal für Pferde. Gummimatten am Boden, eingestreutes Heu. Pferdeherz, was willst du mehr.
Eine sechsstellige Summe hat Fischer dafür investiert. Genauer wird er nicht. Ein teures Hobby. Seine Einnahmen durch die 34 Pensionspferde decken bei Weitem nicht die Ausgaben.
Jana Plaumann wohnt im großen Gebäude des Aktiv- und Ausbildungsstalls. Die Reithalle, ein Außenplatz und eine separate Bewegungshalle sind für das Training geradezu ideal. Die 44-jährige Pferdeexpertin betreut die Tiere, sie bietet Reiterausbildung an. Alles in Eigenregie. Sie und Carsten Fischer ergänzen sich symbiotisch, wenn es ums Wohl der Tiere geht.
Dass das alles eben wunderbar funktioniert und den Tieren gut tut, bekam zwangsläufig auch die Tierärztin aus Weimar, die den Bestand betreut, mit. Und sie schlug Fischer für den Thüringer Tierschutzpreis 2017 vor. 21 Bewerbungen lagen vor. Sechs wurden auserwählt. Einer davon: Carsten Fischer. Er wurde für die fach- und tierschutzgerechte Betreuung von Pferden in seinem Aktiv- und Ausbildungsstall Azmannsdorf ausgezeichnet. „Ein bisschen überrascht“ sei er schon gewesen, als ihm die Auszeichnung im Gestüt Rothenacker am 4. Oktober, dem Welttierschutztag, angetragen wurde. Für ihn der Beleg, dass er alles richtig gemacht hat. Und die Tiere profitieren davon. „Ich merke das“, sagt der Pferdenarr. „Sie sind entspannt, anhänglich, ruhiger als andere Artgenossen. Und gesünder.“
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