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Was den Stoffwechsel stärkt und stört
Warum bekommt mein Pferd Fettpolster, während die Muskeln schwinden? Warum erkrankt es an Hufrehe? Warum wirkt es nicht so fit wie früher? Die Antwort auf all diese unterschiedlichen Fragen ist wahrscheinlich immer die gleiche: Das hat mit dem Darm zu tun!
Ob Equines Metabolisches Syndrom (EMS), Equines Cushing Syndrom (ECS) oder andere Stoffwechselstörungen – die Rolle des Mikrobioms, also der Darmflora, spielt in der Wissenschaft eine immer größere Rolle.
Der Stoffwechsel
Der Stoffwechsel umfasst im Grunde jeden interzellulären und extrazellulären Prozess der Energiegewinnung, die Nährstoffverwertung für den Muskelaufbau und die Zellregeneration sowie Entgiftungsprozesse. Am Stoffwechsel beteiligt sind eine Vielzahl von Enzymen, Hormonen, Spurenelementen, Energielieferanten, Bausteine wie Aminosäuren und Lipide. Unser Stoffwechsel beeinflusst die Verdauung im gesamten Magen-Darm-Trakt – und das, was wir verdauen, umgekehrt wiederum den Stoffwechsel.
Stoffwechselstörungen beim Pferd werden auch für Laien offensichtlich, wenn vermehrte Fettbildung am Körper auftritt, meist begleitet von einer Reduktion der Muskelmasse. Weniger offensichtlich sind Veränderungen des generellen Wohlbefindens des Pferds, psychische Auffälligkeiten, Störungen des Immunsystems, Verdauungsstörungen, Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, Gelenkerkrankungen, chronische Entzündungen, Hufrehe, Hormonstörungen und neurologische Erkrankungen.
Im Grunde ist es kaum möglich, eine Erkrankung zu finden, die nicht ihre Ursache in einem gestörten Stoffwechsel hat. Lediglich wiederholte Überlastungen und Verletzungen des Gelenk-/Muskelapparats sowie abnorm hohe toxische Belastungen etwa durch eine Antiobiotikatherapie werden auch bei einem gesunden Stoffwechsel zum Problem. Aber sogar hier beeinflusst der Stoffwechsel die Heilungs- und Entgiftungsprozesse wesentlich.
Die Störungen
Die bei der Entwicklung von Pferdefutter derzeit am meisten beachtete Erkrankung ist das EMS, welches einhergeht mit vermehrter Fettbildung, Muskelrückgang, verringerter Leistungsfähigkeit, Aufmerksamkeitsdefiziten, Störungen des Magen-Darm-Trakts und der Funktion der Bauchspeicheldrüse. Zudem kommt es zu Folgeerkrankungen wie Hufrehe.
Der sogenannte oxidative Stress ist beim EMS deutlich erhöht und verantwortlich für eine zunehmende Schädigung von Zellgewebe. Diese betrifft nicht nur Zellmembranen, sondern auch den Untergang von Mitochondrien, den Energiekraftwerken der Zelle. Paradoxerweise wird genau in diesen Kraftwerken die Ursache für oxidativen Stress produziert. Es sind die Abgase der Energieproduzenten, welche aus freien Sauerstoffradikalen bestehen.
Diese freien Radikale werden bei jeder Form von Energiegewinnung produziert. Fehlt es dem Pferdekörper jedoch an sekundären Pflanzenstoffen als Antioxidantien, können diese nicht abgefangen und unschädlich gemacht werden. Ein genereller Mangel an Nährstoffen wie z.B. Spurenelementen und Vitaminen sowie eine zu hohe Last an Giftstoffen und eine über dem Bedarf liegende Energiezufuhr fördern zudem die Belastungen durch freie Sauerstoffradikale.
Fütterung, Diagnostik und Therapie von Pferden mit EMS, ECS oder Hufrehe werden wir in der nächsten Folge dieser Serie ausführlich beleuchten.
Eine weitere Stoffwechselstörung wird heute HPU (Hämopyrrolurie) genannt, ehemals KPU (Kryptopyrrolurie). Diese ist durch einen Mangel an Vitamin B6 und Zink gekennzeichnet. Ursache soll eine vermehrte Ausscheidung von Vitamin B6 und Zink in Form einer Komplexbildung mit Hämopyrrol über den Urin sein. Die vermehrte Hämopyrrolbildung soll durch eine genetisch bedingte Hämoglobinsynthesestörung zustandekommen.
Wir werden in einem der nächsten Artikel aufzeigen, dass sowohl der Begriff Hämopyrrolurie als auch die ursächliche Erklärung für den Vitamin B6 und Zinkmangel so nicht aufrechterhalten werden können. Vielmehr deuten neue Studienergebnisse auf eine mögliche Störung der Darmflora hin, die eine vermehrte Pyrrolauscheidung und gleichzeitig einen Mangel an Zink und Vitamin B6 hervorruft – was für die Behandlung relevant ist.
Doch was bedeutet die Darmflora nun konkret für den Stoffwechsel?
Die Darmflora
Das Mikrobiom ist die Grundlage für einen gesunden Stoffwechsel – und umgekehrt ist eine Fehlbesiedlung des Darms eine der häufigsten Ursachen für Stoffwechselstörungen und umfassende Störungen des Immunsystems wie Allergien.
Dass die Gesundheit des Darms wesentliche Voraussetzung für einen reibungslos funktionierenden Stoffwechsel von unseren Vierbeinern ist, kann man leicht nachvollziehen: Denn hier werden schließlich alle wichtigen Nährstoffe für alle Stoffwechselprozesse resorbiert. Der Darm ist fürs Pferd der Nahrungsfilter – wie die Wurzel für eine Pflanze.
Das Pferd hat, wie auch der Mensch, eine unendliche Vielzahl an Bakterien im Darm, die für die Verdauung und Nährstoffresorption von entscheidender Bedeutung sind. Um sich eine Größenordnung vorzustellen: Es sind etwa 150 mal mehr Bakterien im Darm als der Körper Zellen hat. Wir sprechen von Billionen, zusammengesetzt aus hunderten verschiedenen Stämmen.
Das Mikrobiom besteht aus stoffwechselfördernden Bakterien der Bakteriodes-Familie sowie aus stoffwechselschädlichen Bakterien der Firmicutes-Familie. Auch Mykotoxine, Hefen und Parasiten können den Darm belasten. Die Qualität der Darmflora-Zusammensetzung ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich.
Dysbiose im Darm
Ist ein Darm fehlbesiedelt (Dysbiose), folgt eine Kaskade von stoffwechselstörenden Prozessen. Als erstes kommt es zu einer Mangelverdauung von Nahrungsbestandteilen, welche dann über die Vergärung von unverdauten Nahrungsresten zur Aufgasung des Pferds führt. In dieser Situation, wie sie z.B. fast immer beim EMS auftritt, können Sie dem fetten Pferd füttern, was Sie wollen: Es nimmt kaum ab, baut kaum Muskulatur auf und bleibt in seiner Leistungsbereitschaft eingeschränkt – so lange Sie nicht die Darmflora wieder ins richtige Milieu verschieben.
Dafür ist es hilfreich zu wissen, was eine solche Dysbiose verursacht: Das sind zum Beispiel zu hohe Belastungen durch Zucker in Weidegras und Getreide, Antibiotika oder Protonpumenhemmer zur Reduktion der Magensäure; oder auch eine Ernährung mit zu wenig strukturierten Kohlenhydraten als Futter für die guten Bakterien.
Getreide ist nicht nur wegen der hohen Zuckerlast für die Darmflora besser zu vermeiden. Der Grund liegt im Gluten- und Gliadinanteil. Beim Menschen konnte nachgewiesen werden, dass jedes Getreide, auch Dinkel und Gerste, im Darm die sogenannten Tight Junktions aufdehnt und zudem zu Entzündungsprozessen im Darm führt. Die Tight Junktions (enge Verbindungen) gleichen den Kontrollposten der Chinesischen Mauer und lassen im Darm nur durch, was für den Körper nicht belastend ist und für den reibungslosen Stoffwechsel benötigt wird.
Brechen diese Verbindungen auf, kommt es zu Belastungen durch unverdaute Nahrungsreste und Fremdstoffe. Hier liegt nahezu immer die Ursache von Immunfunktionstörungen und Allergieentwicklungen. In der Humanmedizin nennt sich das Beschwerdebild Leaky Gut Syndrom. Eine schlechte Darmflora produziert zusätzlich noch einen hohen Anteil an Lipopolysaccchariden (LPS) die ebenfalls im Körper einen toxischen Einfluss haben.
Leider kommen das Leaky Gut Syndrom und eine schlechte Darmflora häufig zusammen, so dass die Belastung des Körpers durch Allergene, Fremdstoffe und Mykotoxine hoch ist und der Stoffwechsel erheblich gestört wird. Erste Anzeichen beim Pferd sind unverdaute Nahrungsreste, Kotwasser und Futterverwertungsstörungen.
Bei unserer Arbeit mit Pferden liegt der Anteil der Vierbeiner mit einer mangelhaften Damflora geschätzt bei mindestens 40 Prozent. Eine gestörte Darmflora finden wir in 60 % aller Fälle – ohne dies ausdrücklich nachweisen zu können. Die Anzeichen und Symptome sprechen aber ein deutliche Sprache.
Was können wir tun?
Für einen gesunden Stoffwechsel kommt es im Wesentlichen auf die Fütterung, die Vermeidung von Belastungen und die Art der Haltung an.
Vermeiden Sie es, die stoffwechselschädlichen Bakterien im Darm zu füttern. Wenn Sie dem Pferd über viel fruktanreiches Weidegras und zusätzliches Getreide quasi eine Tüte Würfelzucker sowie Glutenbelastungen zuführen, kann sich keine gesunde Darmflora entwickeln oder erhalten;
und ohne die ist ein gesunder Stoffwechsel nun mal nicht möglich. Hinzu kommen unkritische Gaben von Antibiotika und Protonenpumpenhemmern beim kleinsten Verdacht auf Magenprobleme oder sogar als Prophylaxe bei Stress im Turniersport. Auch die Belastung durch Mykotoxine und Säuren in minderwertig gelagertem Heu oder Silage – bei gleichzeitig geringer Zufuhr wichtiger Nährstoffe – tragen zu erheblichen Stoffwechselstörungen bei.
Achten Sie bei der Fütterung auf sehr hochwertiges und nicht zu lange gelagertes Heu, auf die zusätzliche Gabe eines Ergänzungsfutters mit einer Vielzahl an pflanzlichen Komponenten der ursprünglich typischen Weide (siehe Bericht in Ausgabe 2/2018), auf kurze Weidezeiten und die Vermeidung von Getreide. Seien Sie vorsichtig bei der Behandlung mit Antibiotika und Protonpumpenhemmern. Diese sind nur bei bakteriellen Infektionen und eindeutig nachgewiesenen Ulcera indiziert.
Das Fazit
Sie sehen also, es ist gar nicht so schwer, dem Stoffwechsel Ihres Pferds auf die Beine zu helfen. Ist die Darmflora jedoch erst einmal verschoben und haben sich Stoffwechselerkrankungen wie das EMS etabliert, ist die Behandlung ein langwieriger Prozess, der viel Geduld und eine Vielzahl an Maßnahmen erfordert.
Bitte vergessen Sie auch nie, dass eine hohe Stressbelastung ebenfalls die Stoffwechselprozesse stört. Gönnen Sie Ihrem Pferd also reichlich Auslauf und viel Zuneigung!
Gesundes für Darm & Stoffwechsel
Für einen gesunden Stoffwechsel kommt es v.a. auf die Fütterung, die Vermeidung von Belastungen und die Art der Haltung an. Achten Sie bei der Fütterung insbesondere auf:
• Hochwertiges, nicht zu lange gelagertes Heu
• Ergänzungsfutter – mit einer breiten Auswahl an Pflanzen in Bio-Qualität
• Wenig zuckerreiches Weidegras
• Wenig Getreide
Seien Sie umsichtig bei der Behandlung Ihres Pferds mit Medikamenten wie Antibiotika und Protonenpumpenhemmern. Vermeiden Sie hohe Stressbelastungen. Sorgen Sie für eine möglichst artgerechte Haltung mit viel Auslauf.
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