Saturday, March 21, 2020

Kaltblutpferdesport-Festival im Fläming: In Brück werden sanfte Riesen zu Titanen

Kaltblutpferdesport-Festival im Fläming: In Brück werden sanfte Riesen zu Titanen:

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Ein Planwagen mit zwei Kaltblut-Pferden. (Quelle: rbb/Hakenjos)
Bild: rbb/Hakenjos

Kaltblüter-Festival in Brück

Wenn 1.000 Kilo Coolness in Wallung geraten


Kaltblutpferde sind wieder im Kommen in Brandenburg. Gezüchtet werden sie unter anderem in Brück, wo auch am Wochenende über 400 Pferde und Teilnehmer aus neun Nationen werden bei den 18. „Titanen der Rennbahn“ erwartet werden. Von Susanne Hakenjos

Wuchtig schallen gewaltige Hufe bei jedem Schritt über eine geschwungene Holzbrücke. Wenn die mächtigen Kaltblutpferde dann noch in den Trab fallen, dröhnt der Boden. Die sanften Riesen wiegen bis zu 1.000 Kilo. Zu zweit, zu viert oder acht ziehen die kräftigen Pferde schwere Wagen über die kleine Anhöhe im Zentrum der „Titanen-Arena“, einem großen Freiluftgelände am Rande der Kleinstadt Brück im Fläming, sechzig Kilometer südwestlich von Berlin nahe der A9, dem Schauplatz des Kaltblutpferdesport-Festivals „Titanen der Rennbahn“.

Gekonnt umkurven die Wagenlenker auf dem Kutschbock auch Hindernisse. Einige der mächtigen Kaltblutpferde gehören dem Züchter Thomas Haseloff. „Diese Energie, Zuverlässigkeit und diese coole Ausgeglichenheit! Diese Mischung aus Kraft und Eleganz, das ist es, was mich bis heute fasziniert,“ zeigt sich Landwirt von der Dynamik der mächtigen Kaltblutpferde beeindruckt: Der Kaltbluthof von Thomas und Burkhard Haseloff in Brück besitzt eine etwa einhundert Tiere zählende Kaltblutherde.

Kaltblut-Reiterinnen aus Brück nehmen ohne Sattel an einem Schaubild mit anderen Pferden teil. (Quelle: rbb/Hakenjos)
Zwei Reiterinnen ohne Sattel und ein Vierspanner. | Bild: rbb/Hakenjos

Rheinisch-deutsches Kaltblut vom Aussterben bedroht

Die Haseloffs züchten bereits seit den 1980er Jahren die Rasse Rheinisch-deutsches Kaltblut, professionell seit 1991. Allein 20 der insgesamt 90 ins Zuchtbuch eingetragenen Zuchtstuten dieser Rasse in Brandenburg stehen auf den Weiden und Koppeln in Brück, dazu die Deckhengste und ihre Nachkommen. Damit ist der Landwirtschaftsbetrieb, der auch Getreide anbaut und Milchvieh hält, der größte Zuchtbetrieb für Kaltblutpferde in Brandenburg. Haseloffs wollen mithelfen, die vor dem Aussterben bedrohte Nutztierrasse zu retten. Immerhin haben die starken Helfer von einst auf den Äckern hier am Rand des Hohen Fläming eine lange Geschichte – ebenso wie die Familie Haseloff selbst, deren Vorfahren einst aus Belgien kamen. Bis ins Jahr 1742 reichen ihre Wurzeln in dem Flämingdorf zurück, sagt Thomas Haseloff.

Züchtung für Arterhalt, Fahrsport und Arbeit

Ihre auf dem Hof ausgebildeten Pferde verkaufen Haseloffs europaweit. Viele Forstbetriebe in Süddeutschland und dem Harz nutzen die ausgebildeten Kraftpakete in den Wäldern, zum Holzrücken in schwer zugänglichem Gelände. Wo Maschinen keinen Zugang haben, ziehen die Pferde gefällte Baumstämme. Abnehmer gibt es außerdem von Belgien bis nach Österreich. Käufer sind auch Reit- und Fahrtouristikbetriebe: Auf Hiddensee oder Rügen ziehen Pferde aus Brück Kutschen und Kremser.

Drei Gespanne bei Vorbereitungen für das Event "Titanen der Rennbahn". (Quelle: rbb/Hakenjos)
Bild: rbb/Hakenjos

Comeback im Pferdefreizeitsport

Aber auch als Reitpferde werden Kaltblutpferde immer beliebter, sagt Haseloff, „einfach weil sie so unkompliziert sind“. Im Havelland etwa werden auch pechschwarze Friesen gezüchtet, die von Barock-Reitern geschätzt werden oder in Güterfelde in Potsdam-Mittelmark auf Gut Marggraffshof Shire Horses, die größten Pferde der Welt, einst in England gezüchtet als nervenstarkes und kraftstrotzendes Ritterpferd. „Kaltblüter sind in Brandenburg mittlerweile deutlich präsenter“, erklärt Zoe Hagen vom Verband Pro Agro, unter dessen Dach viele Pferdetourismusbetriebe versammelt sind. „Sie sind eben sehr entspannt und vor allem auch genügsam in der Haltung. Sie brauchen nur Heu, beziehungsweise Gras und Mineralfutter. Sie laufen problemlos weite Strecken, das macht sie auch fürs Wanderreiten attraktiv. Es gibt definitiv Liebhaber, gerade auch durch ihrer Vielseitigkeit als Reit- und Fahrpferd“, weiß die Projektleiterin für den Bereich „Pferdeland Brandenburg“.

Austausch auf Europas größtem Kaltblutpferde-Treff in Brück

Dem Idealismus und dem Traditionsbewusstsein der Züchter ist es zu verdanken, dass die gemütlichen und robusten Pferde auch hierzulande wieder einen Aufschwung erleben. Dazu beigetragen hat auch das Kaltblutpferdesport-Event „Titanen der Rennbahn“, das seit mittlerweile 18 Jahren in Brück immer am letzten Wochenende um die 20.000 Zuschauer auf die Tribünen und das Festivalgelände lockt, sind sich Zoe Hagen und Züchter Thomas Haseloff einig. Der 54-Jährige und sein Bruder sind auch Vorsitzender des Kaltblut Zucht- und Sportvereins Brück, der das Großereignis veranstaltet und stellen mit viel persönlichem Engagement das Event mit auf die Beine.

Achtspänner rheinisch-deutsches Kaltblut beim Einzug in die Arena. (Quelle: rbb/Hakenjos)
Bild: rbb/Hakenjos

441 Pferde aus neun europäischen Ländern sind in diesem Jahr mit dabei: „Allein siebzehn verschiedene Kaltblutrassen sind zu sehen, vom Rheinisch-deutschen Kaltblut über Noriker, Friesen, Shire Horse, Schwarzwälder Fuchs oder Belgisches und Polnisches Kaltblut – viele davon auch extra von weit her angereist“, sagt Haseloff, der auch den Turnierleiter macht. Die „Titanen-der-Rennbahn“-Veranstaltung bietet für die aktiven Teilnehmer eine wichtige Plattform für den Austausch untereinander und der Zusammenarbeit zwischen den Pferdesportvereinen und Züchtern.

Rasante Rennen, spannende Wettbewerbe – imposante Schaubilder

Bei der Titanen-Veranstaltung messen die Kaltblutpferde verschiedenster Rassen ihre Fähigkeiten in unterschiedlichsten Disziplinen, darunter auch dem Zug-Wettbewerb: Ermittelt wird dabei das „stärkste Pferd Brandenburgs“. Schon mehrfach holte diesen Titel das belgische Kaltblut „Hannes (Meilo)“ von Holzrücker Jens Fangerow aus Künkendorf in der Uckermark. Aber auch als dynamisches Fahrpferd und als Reitpferd sind sie beim Brücker Titanen-Event zu erleben. In der Regel sind die großen Pferde sehr gelassen, schließlich verdanken sie ihren Namen ihrem ruhigen „kalten“ Gemüt. Doch wenn sie auf dem Parcours den vielen verschiedenen Artgenossen begegnen steigt auch bei ihnen die Aufregung, es wird gewiehert, mit Hufen gestampft. Überhaupt zeigen sich die früher als „Ackergäule“ geschmähten Großpferde in Brück extrem dynamisch: Sie präsentieren sich mit ihren starken Muskeln als Kraftpakete, ziehen mit großem Schwung sogar klassische Römer-Wagen in spektakulären Wett-Rennen, die den Boden zum Beben bringen während die die Zuschauer auf den Tribünen mitfiebern.

Römerwagen-Rennen in der Titanen-Arena in Brück. (Quelle: Ronald Luckanus)
Bild: Ronald Luckanus

Beim Rennreiten ohne Sattel zeigen sie Geschwindigkeit im Galopp, donnern mit bis zu 40 km/h durch die Rennbahn, demonstrieren aber auch ihre Wendigkeit im Geschicklichkeits- und Formationsfahren und bei den szenischen Aufführungen: In diesem Jahr steht die Veranstaltung unter dem Motto „Wilder Westen“ und so reiten junge Brückerinnen vom Verein die nervenstarken Kolosse ohne Sattel und bemalt. Andere Teilnehmer steigen in Westernsättel, Rinder werden getrieben und spektakulär kurven Postkutschen durch die Arena.

Ein belgisches Kaltblut in einer Bestallung. (Quelle: rbb/Hakenjos)
Bild: rbb/Hakenjos

Wagenlenker aus ganz Deutschland, Österreich, Tschechien, der Schweiz und Polen kommen mit ihren Gespannen nach Brück, um dabei sein zu können. Zu sehen sind aber auch zahlreiche andere Pferderassen, erstmals auch Rennreiten von Westernpferden und zum ersten Mal sind auch Koniks vor Ort, ein sehr ursprüngliche Robustpferderasse, die ein extra aus Polen angereister Teilnehmer mitbringt. „Es ist toll, wie viele Teilnehmer hier Zeit und Energie für das Event mitbringen,“ betont Michaela Weiss vom Organisationsteam. Auch sie wird bei den Schau-Vorführungen mitreiten – natürlich auf einem Rheinisch-Deutschen Kaltblut aus Brück.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.6.2019, 05:00 Uhr 

Beitrag von Susanne Hakenjos


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